Arbeitspapier Männergesundheit

Nach einer gängigen Definition umfasst Männergesundheit diejenigen Dimensionen von Gesundheit und Krankheit, die insbesondere für Männer und Jungen relevant sind. Gesundheit wird dabei als physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden betrachtet, das aus einer Balance von Risiko- und Schutzfaktoren entsteht, die sowohl in individueller, partnerschaftlicher als auch kollektiver Verantwortung liegen. Als Schutzfaktoren wirken ein gesunder und achtsamer Lebensstil, Akzeptanz der eigenen Stärken, aber auch Schwächen als Mann, Sinnerfahrung und Lebensfreude, soziale Unterstützung und Anerkennung. Die Risiko- und Schutzfaktoren sind bei Männern insbesondere in Abhängigkeit von Bildung, Herkunft, Einkommen und beruflicher Stellung ungleich verteilt.

Neben Vereinbarkeitsfragen im Bereich von Erziehung und Pflege gehören Fragen der Männergesundheit mit zu den wichtigsten Gleichstellungsanliegen von Männern. Einen Jungen, der 2020 in Baden-Württemberg geboren wurde, erwartet eine durchschnittliche Lebenserwartung von 79,9 Jahren und damit 4,3 Jahre weniger als bei einem gleichaltrigen Mädchen. Diese Lebenserwartungsdifferenz ist ein wichtiger Marker für ungleiche Gesundheitschancen, von denen insbesondere marginalisierte und sozial benachteiligte Männer betroffen sind. Bei Erkrankungen und bei der vorzeitigen Sterblichkeit vor dem 70. Lebensjahr trifft diese Gruppe ein ganz besonders hohes Risiko, das wir nicht einfach so hinnehmen können.

Eine wichtige Datengrundlage für Männergesundheit in Baden-Württemberg liefert nach wie vor der Bericht Jungen- und Männergesundheit in Baden-Württemberg 2015, ebenso die laufend aktualisierten Kreisprofile Jungen- und Männergesundheit im Gesundheitsatlas Baden-Württemberg. Hauptforderungen im Bereich der Handlungsempfehlungen des Berichts waren etwa,

  • die Zugänglichkeit von Gesundheitsförderung und Prävention für Jungen und Männer ganz allgemein zu verbessern,
  • die mit 75 % dreifach überhöhte Suizidhäufigkeit bei Männern und
  • die deutlich erhöhte Sterblichkeit von Männern durch Verletzungen und Unfälle präventiv anzugehen sowie
  • eine bislang nicht erkennbare fachliche Zuständigkeit auf Landesebene und auch kommunal einzurichten.

Auf Landesebene engagiert sich vor allem das Kompetenzzentrum Jungen- und Männergesundheit Baden-Württemberg im Bereich der Männergesundheitsförderung und der männerbezogenen Prävention.

Laut Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg „JETZT FÜR MORGEN“ vom Mai 2021 plant die Landesregierung eine ressortübergreifende Strategie für die Gesundheitsförderung. Hier erwarten wir die angemessene Berücksichtigung von Jungen- und Männeraspekten und eine hinreichende Beteiligung.

Die genannte Definition hebt hervor, dass die gesundheitlichen Probleme der Männer im gesamten Lebenslauf besonderer Präventions- und Versorgungsangebote bedürfen, die größtenteils noch zu entwickeln sind. Dies gilt genauso für Deutschland wie in Baden-Württemberg und insbesondere im Kontext gesundheitlicher Benachteiligung und Chancengleichheit.

April 2022